Qualitätsmanagement in der Produktion durch die Methode des Fischgrätendiagramms
In der modernen Produktion spielt das Qualitätsmanagement eine entscheidende Rolle. Insbesondere mit der fortschreitenden Digitalisierung im Rahmen der Industrie 4.0 und dem IoT ist höchste Qualität entlang der gesamten Produktionskette der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Im Rahmen unserer Blog-Reihe haben wir bereits bekannte Methoden zur Qualitätsoptimierung wie Kaizen, die Wertstromanalyse oder den Demingkreis einer genauen Betrachtung unterzogen. Gemeinsam mit Ansätzen wie Poka Yoke oder SMED eignen sich die Methoden hervorragend, um Fehler in der Produktion zu verhindern, Ausschuss zu reduzieren und die Motivation der Mitarbeiter zu fördern. In dem heutigen Teil unserer Blog-Reihe widmen wir uns dem Fischgrätendiagramm, auch Ishikawa-Diagramm genannt. Das Fischgrätendiagramm ist ein gleichfalls einfaches und mächtiges Werkzeug, um Fehlerursachen auf den Grund zu gehen.
Was ist ein Fischgrätendiagramm?
Das Fischgrätendiagramm ist eine Methode zur Visualisierung. Mittels dem Diagramm lassen sich potenzielle Ursachen eines Problems kategorisieren und identifizieren. Eingesetzt wird das Fischgrätendiagramm vor allem in Brainstorming-Meetings, um die Gespräche im Rahmen einer Diskussion zu fokussieren. Durch das Diagramm lassen sich alle infrage kommenden Ursachen für ein Problem ermitteln, in ihrer Relevanz bewerten und entsprechende Lösungskonzepte erzielen.
Woher stammt der Name Fischgrätendiagramm?
Das Layout des Diagramms ähnelt einem Fischskelett – eben den namensgebenden Fischgräten. Fischgrätendiagramm werden in der Regel von rechts nach links bearbeitet – beginnend mit dem „Kopf“ auf der rechten Seite. An den Kopf anschließend werden die „Gräten“ eingezeichnet, die sich in kleinere Gräten verzweigen.
Wer war Dr. Ishikawa Kaoru und warum trägt das Diagramm seinen Namen?
Ishikawa Kaoru, geboren am 13. Juli 1915 und verstorben am 16.April 1989, war ein japanischer Chemiker, der als Vater der japanischen Qualitätskontrolle gilt. Ishikawa Kaoru entwickelte zahlreiche Qualitätswerkzeuge – unter anderem auch das nach ihm benannte Ishikawa-Diagramm. Dieses Diagramm kennen wir auch unter einem anderen Namen: Fischgrätendiagramm.
Ishikawa schloss sein Studium 1938 an der Universität Tokio ab und sammelte danach erste Berufserfahrungen bei der Nissan Liquid Fuels Co. Ltd. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges trat Ishikawa als Technischer Spezial-Offizier in die japanische Marine ein. Aus dieser Zeit stammt auch sein erstes Ursache-Wirkungs-Diagramm, besser bekannt als Fischgräten-Diagramm. Mit Hilfe des Diagramms ließen sich so effizient wie noch niemals zuvor Problemquellen von Maschinen, Materialien, Methode und Menschen aufspüren. Das Fischgrätendiagramm bildet eines der sieben elementaren Qualitätswerkzeuge – und Ishikawa gilt seit der Erfindung dieser Methode als Pionier der qualitätsbezogenen Aktivitäten in Japan.
Die grundlegende Qualitätsphilosophie von Ishikawa
Am Ende des zweiten Weltkrieges litt Japan unter einer zerstörten Industrie, einer Reputation für minderwertige, billige Waren und stark limitierten Ressourcen. Ende der 1950er Jahre wurde daher eine Qualitätsoffensive gestartet, an der Ishikawa maßgeblich beteiligt war. Ishikawa entwickelte ein mitarbeiterbezogenes Konzept zur unternehmensweiten Qualitätsarbeit – unter Einbeziehung aller Hierarchieebenen und sämtlichen Tätigkeiten im Produktentstehungsprozess. Das Ziel: Die optimale Erfüllung aller Kundenanforderungen.
Die grundlegende Qualitätsphilosophie, auf denen nicht nur das Fischgrätendiagramm, sondern viele weitere Werkzeuge der Qualitätssicherung beruhen, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
☑ Langfristige Qualität ist immer relevanter als ein kurzfristiger Gewinn
☑ Strikte Kundenorientierung entlang des gesamten Produktentstehungsprozesses
☑ Aufbau gesunder Kunden-Lieferanten-Beziehungen im kompletten Unternehmen
☑ Ermittlung von Daten und Fakten mittels statistischer Methoden und deren Verwendung
☑ Fokus auf humanitäre und soziale Aspekte
☑ Inklusion und Mitwirkung aller Mitarbeiter entlang der strategischen, taktischen und operativen Management-Ebenen
☑ Einführung von Qualitätszirkeln
Welche Vorteile bringt die Visualisierung eines Problems durch das Ishikawa-Diagramm?
Dr. Ishikawa war davon überzeugt, dass die Lösung für ein Problem nur dann nachhaltig gefunden werden kann, wenn die grundlegenden Ursachen sichtbar gemacht werden. Das Ishikawa-Diagramm ähnelt in der Gestaltung einem stilisierten Fisch, wobei jede einzelne „Gräte“ des Skeletts für eine der Hauptursachen des eruierten Problems steht. So ermöglicht das Diagramm eine genaue Analyse unterschiedlicher Faktoren – und das auch dann, wenn bereits die Problemursachen in einem Zusammenhang zueinanderstehen.
Die Methode der Problemanalyse nach Dr. Ishikawa bringt im Vergleich zu anderen Ansätzen einige Vorteile mit sich:
☑ Die einfache, grafische Darstellung unterstützt dabei, auch komplexe Zusammenhänge erkennbar zu machen und anschaulich darzustellen.
☑ Das Fischgrätendiagramm ist extrem einfach umzusetzen und benötigt keinerlei Vorkenntnisse oder einen übermäßigen Zeiteinsatz.
☑ Das Diagramm ermöglicht die praxisnahe Erarbeitung von Lösungen.
☑ Das Fischgrätendiagramm ist eine der besten Methoden, um gemeinsam im Team Probleme zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten.
☑ Das Diagramm ist flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse und Bedingungen innerhalb eines Unternehmens anpassbar.
So einfach funktioniert die Erstellung eines Fischgrätendiagramms:
Die beste Nachricht direkt zum Einstieg: Wer Problemen mit dem Fischgrätendiagramm auf den Grund gehen möchte, der benötigt keinerlei künstlerisches Talent! Es genügen ein leeres Blatt Papier und ein Stift (alternativ lassen sich aber auch digitale Vorlagen verwenden).
Das Grundgerüst erstellen
Zunächst wird die Hauptachse gezeichnet – eine horizontale Linie, die von links nach rechts verläuft. Am rechten Rand der Linie wird sich der „Fischkopf“ befinden. Diagonal anschließend an die gerade horizontale Linie werden die einzelnen „Gräten“ eingezeichnet, die später zur Abbildung der Problemursachen dienen.
Das Problem identifizieren
Kennen Sie den Spruch: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf her“? Dieses altbekannte Sprichwort wird beim Fischgrätendiagramm in die Tat umgesetzt – denn das ermittelte Problem wird genau dort platziert, wo sich der angedeutete Fischkopf befindet. Somit muss als erster Schritt bei der Erstellung des Fischgrätendiagramms das genaue Problem identifiziert – und in der Folge als „Fischkopf“ festgehalten werden.
Ran an die Gräten
Jede Gräte im Ishikawa-Diagramm steht für eine Kategorie möglicher Ursachen für ein Problem. In der Anfangszeit gab es vier Kategorien (Mensch, Maschine, Methode, Material), heute kommen zu den vier klassischen Bereichen häufig noch Management, Mitwelt, Money und Messbarkeit hinzu. Diese Kategorien werden in Form von diagonal eingezeichneten Linien (den „Gräten“) an die Hauptachse des Diagramms gezeichnet.
Ursachenanalyse
Zu jeder Gräte müssen in diesem Schritt nun mögliche Ursachen eruiert werden, die für das Problem verantwortlich sein könnten. Wichtig ist hier das bereits angesprochene Teamplay – denn wenn eine Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird, ergeben sich vielfältige mögliche Gründe. Stehen ermittelte Ursachen in einem Zusammenhang zueinander, lassen sich diese Ursachen auch miteinander verbinden. Diese zusätzlichen Verbindungen verfeinern das Gesamtbild erheblich – und können zu einer deutlich besseren Lösung des Problems beitragen.
Abschließende Kontrolle
Anschließend an die erste Analyse lohnt sich ein zweiter Blick auf das Fischgrätendiagramm. So lässt sich überprüfen, ob die bisher festgehaltenen Gründe auch tatsächlich vollständig erfasst worden sind. Oftmals fallen auf den zweiten Blick noch neue Ursachen auf, die entsprechend im Diagramm ergänzt werden.
Nach der Erstellung des Diagramms ist vor der Problemlösung
Mit drei Schritten wird das Ishikawa-Diagramm nach der Erstellung zu einem nutzbaren Werkzeug. Ideal geeignet ist die Kombination aus den Erkenntnissen des Fischgrätendiagramms mit der Methode der Root-Cause-Analysis. Diese einfache, aber gleichzeitig überaus effektive Methode haben wir hier genauer betrachtet.
- Bestimmung der Ursachen: Die ermittelten Ursachen werden gefiltert und nach ihrer Relevanz sortiert.
- Überprüfung der Ursachen: Nachdem die wahrscheinlichsten Problemauslöser identifiziert wurden, sollten diese noch überprüft werden. Denn es wäre vergebene Mühe, wenn wenig zielführende Maßnahmen umgesetzt werden. Dies kann zu einer Verschwendung von Zeit, Geld und Energie führen.
- Lösungen erarbeiten: Aus den Erkenntnissen, die durch das Fischgrätendiagramm gewonnen wurden, lassen sich Maßnahmen zur Problemlösung ableiten. Natürlich müssen diese bisher theoretischen Maßnahmen anschließend in die Praxis umgesetzt werden.
Fazit
Wie viele Methoden zur Qualitätsoptimierung stammt auch das Fischgrätendiagramm aus Japan. Die einfache grafische Darstellung von Problemen und deren möglichen Ursachen erlaubt die nachhaltige Beseitigung von Fehlerquellen aller Art. Dabei ist das Diagramm so einfach aufgebaut, dass es sich in allen Bereichen eines Unternehmens, von der Produktion bis zum Qualitätsmanagement, einsetzen und anwenden lässt. Als eines der wichtigsten Werkzeuge des Qualitätsmanagements hat sich das Ishikawa-Diagramm vollkommen zu Recht seinen Siegeszug rund um den Globus verdient.
Quellen:https://karrierebibel.de/ishikawa-diagramm/
https://www.impulse.de/management/selbstmanagement-erfolg/ishikawa-diagramm/7487818.html?conversion=ads
https://www.business-wissen.de/hb/werkzeuge-fuer-das-fmea-projekt/