Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Industrie 4.0?
Der Begriff Industrie 4.0 ist in aller Munde – und sicherlich sind auch Sie schon über die „digitale Transformation“ im Bereich des produzierenden Gewerbes gestolpert. Doch was genau verbirgt sich hinter Industrie 4.0?
Im Rahmen unserer Orientierungshilfe Industrie 4.0 möchten wir Ihnen die Zukunft der Industrie und die faszinierenden Möglichkeiten, die sich durch das Erfassen, Analysieren und Visualisieren von Maschinendaten ergeben, genauer vorstellen.
In diesem Einstieg ins Thema erfahren Sie:
☑ Was Industrie 4.0 eigentlich bedeutet
☑ Was Industrie 4.0 von unserer heutigen Arbeit mit dem Computer unterscheidet
☑ Wie sich die Industrie von 1.0 zu 4.0 entwickelt hat
☑ Relevante Begriffe rund um das Thema Industrie 4.0
Was versteht man eigentlich unter Industrie 4.0?
Mit dem Begriff Industrie 4.0 wird die intelligente, digitale Vernetzung von Maschinen, Anlagen, Aggregaten und Prozessen in der Industrie bezeichnet. Diese Vernetzung wird durch Informations- und Kommunikationstechnologien realisiert. Verbunden über das Internet sollen Maschinen und Anlagen zukünftig automatisiert Daten austauschen, sammeln und für spätere Analysen bereitstellen. Die Möglichkeiten, die die Industrie 4.0 bietet, sind dabei überaus vielfältig. Neben einer flexibilisierten Produktion, modular aufgebauten Produktionsstraßen und einem breiten Einsatz von Daten rücken vor allem kundenzentrierte Lösungen in den Fokus.
Was unterscheidet die Industrie 4.0 von der computergestützten Arbeit von heute?
Das wir unsere tägliche Arbeit mit Hilfe des Computers durchführen, ist seit den späten 1970er Jahren nichts aufsehenerregendes mehr. Damals startete mit der CNC-Technik die Automatisierung der Fertigung – und in den Büros lösten erste Personal Computer die Schreibmaschinen ab. Eine digitale Revolution also, die jetzt von der nächsten Revolution abgelöst wird. Denn für Industrie 4.0 steht nicht der Computer als zentrale Technologie im Mittelpunkt, sondern das Internet. Die globale Vernetzung über alle Grenzen hinweg hebt die Digitalisierung auf ein neues Niveau. Smarte Fabriken, das IoT (Internet of Things) und Maschine-zu-Maschine-Kommunikation ermöglichen innovative Fertigungskonzepte, wie sie noch vor ein paar Jahren kaum vorstellbar waren. Man kann tatsächlich von einem Epochenwechsel sprechen, den die vierte industrielle Revolution einläutet.
Von 1.0 zu 4.0: Eine kleine Geschichte der Industrie
Die Industrie entwickelt sich kontinuierlich weiter. Mit Beginn des industriellen Zeitalters Ende des 18. Jahrhunderts erweiterte der Mensch die Produktivität durch die Unterstützung von Maschinen deutlich. Drei Epochen der Industrie haben wir bereits hinter uns gelassen und in der vierten Epoche stecken wir aktuell mittendrin. Doch was genau macht eine industrielle Revolution eigentlich aus?
Industrie 1.0 – Von Wasser und Dampf
Bis zum Jahre 1780 war die menschliche Muskelkraft als „Motor“ für rudimentäre Maschinen unverzichtbar. Spinnräder, Drechsel- oder Drehbänke waren seit der Antike bekannt – und ausreichend für die Versorgung der überschaubaren europäischen Bevölkerung. Um das Jahr 1780 herum beginnt in England mit der Einführung von Dampfmaschinen die erste Industrialisierung der Geschichte. Diese Revolution ist zurückzuführen auf den Untergang der ständisch-agrarischen Gesellschaftsordnung im damaligen England und geht einher mit der Erfindung neuer Arbeitsmaschinen wie dem mechanischen Webstuhl. Die neuen Erfindungen steigerten die Produktivität enorm – und wurden ergänzt durch die erste Eisenbahn, Dampfschiffe und den Kohleabbau im industriellen Maßstab. Immer mehr Fabriken entstanden am Rande der Städte und sorgten für ein starkes Bevölkerungswachstum – die Urbanisierung nahm ihren Lauf.
Industrie 2.0 – Fließbandarbeit und das Auto
Es dauerte nur knapp 50 Jahre, bis die erste industrielle Revolution ihren Siegeszug durch Europa beendet hatte. Die Bevölkerungsexplosion sorgte dafür, dass mehr Arbeitskräfte als jemals zuvor zur Verfügung standen. Und mit der Nutzung von Elektrizität startete in den frühen 1830er Jahren die Industrie 2.0. Es dauerte noch rund 60 Jahre, bis Ende des 19. Jahrhunderts elektrische Antriebe die Dampfmaschinen verdrängten. Mittels elektrischer Energie wurden neue Produktionsmöglichkeiten erschaffen. Und auch genutzt, zum Beispiel durch einen Herren namens Henry Ford. Henry Ford führte in seinem Autowerk das Fließband ein, mit dem die Produktion deutlich beschleunigt wurde. Da jeder Arbeiter nur noch einen Arbeitsschritt durchführen musste, konnten Autos fortan deutlich schneller und deutlich preiswerter gefertigt werden – der Beginn der „Motorisierung der Massen“. Auch Fortschritte in der Telekommunikation sind kennzeichnend für die Industrie 2.0. Telefonate beschleunigten die Kommunikation und Schreibmaschinen vereinfachten den Schriftverkehr.
Kollege Computer übernimmt
In den 1970er war die Zeit für eine weitere industrielle Revolution gekommen. Auch wenn der Computer eine Erfindung ist, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht – seinen Siegeszug startete der Rechner erst in den 1970er Jahren. Mittels komplexer Rechenmaschinen konnten komplizierte Formeln automatisch berechnet werden – allerdings nur mit echtem Expertenwissen. Abgelöst wurden die Rechenmaschinen daher recht schnell, nämlich in den frühen 1980er Jahren, vom Personal Computer (PC). Der PC begann seinen Siegeszug in den Büros und eroberte zügig auch die Haushalte. Und auch in der Industrie wurde immer mehr Elektronik und Informationstechnologie wie beispielsweise spezialisierte Software, eingesetzt. Computer Numerical Control (CNC), also die computerunterstützte Steuerung, brachte die Automatisierung in der Fertigung – und damit einhergehend eine enorme Produktivitätssteigerung.
Vernetzt und digital in die Zukunft
Das Ende des 20. Jahrhunderts läutete den Beginn der vierten industriellen Revolution ein. Kennzeichnend für diese Epoche, in der wir uns gerade mittendrin befinden, ist die umfassende Digitalisierung der Produktionstechnik und der Arbeitswelt. Die bis dato getrennten Bereiche der IT und Fertigungstechnik verschmelzen zusehend und ermöglichen eine Vernetzung von Maschinen, Anlagen und Lieferketten. Die digitale Transformation spart Zeit und Ressourcen, lässt individuelle Werkstücke auch in kleinsten Stückzahlen wirtschaftlich herstellen und erweitert die Automatisierung der Betriebe nochmals deutlich.
Diese Begriffe der Industrie 4.0 sollten Sie kennen
Wie jede Epoche bringt auch die Industrie 4.0 ganz eigene Begriffe mit sich. Die wichtigsten Termini rund um die Digitalisierung haben wir für Sie zusammengetragen:
Condition Monitoring
Beim Condition Monitoring (oder auf Deutsch: der Zustandsüberwachung) werden mittels Sensoren kontinuierlich Maschinenparameter gemessen und erfasst. Zu diesen Parametern gehören unter anderem Drehzahlen, Motorleistung, Vorschübe, Geschwindigkeiten, Füllstände, Schwingungen oder Temperaturen. Mit den gesammelten Daten lässt sich der Maschinenzustand ermitteln und die Verfügbarkeit, Sicherheit und Effizienz verbessern.
Produktionsdatenerfassung
Eine einzige moderne Maschine kann pro Schicht mehr als ein Terabyte an Daten generieren. Hinzu kommen Daten, die von den Bedienern manuell erfasst werden. Die gewonnenen Daten dienen als Grundlage für Optimierungen der Fertigungsprozesse. Damit die Daten nicht nur erfasst, sondern auch nutzbar gemacht werden, können Sie zum einen direkt und automatisiert in intelligenten IIoT-Plattformen verarbeitet werden, zum anderen lassen die Daten sich in übergeordnete Systeme, beispielsweise ERP-Programme, übertragen. Auch Mischformen aus beiden Varianten sind gängig. Der große Vorteil einer Erfassung der Produktionsdaten: Erhöhte Transparenz, verbesserte Prozesslenkung und erhöhte Effizienz. Weiterhin lassen sich Kosten senken und die Qualität der Produkte steigern.
Maschinen- und Produktionsdatenvisualisierung
Endlos erscheinende Zahlenreihen sind nur von Algorithmen zuverlässig analysierbar. In der digital vernetzten Produktion kommt erschwerend hinzu, dass es nicht nur um eine Zahlenreihe geht, sondern um ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlichster Herkunft. Diese großen und komplexen Datensets – auch Big Data genannt – lassen sich manuell nicht mehr verarbeiten. Damit die erfassten Maschinendaten für weitere Analysen verwendbar sind, müssen sie zunächst grafisch aufbereitet werden. So entsteht durch das Visualisieren aus Datenreihen unter anderem Diagramme, Graphen oder Karten. Die Datenvisualisierung ist eine zugängliche Methode, um Muster und Trends in Daten zu erkennen.
Datenanalyse
Maschinendaten sind eine wertvolle Ressource, die zwar in Massen eingesammelt, aber immer noch viel zu wenig genutzt werden. Mit einer Datenanalyse erhalten Produktionsbetriebe einen genauen Einblick in den Status der gesamten Produktion. So lassen sich unter anderem Wartungsintervalle optimieren und unproduktive Nebenzeiten minimieren.
Predictive Maintenance
Die vorausschauende Instandhaltung, so die deutsche Übersetzung, basiert auf großen Datenmengen, die durch Sensoren an einer Maschine generiert werden. Die Sensoren überwachen die Maschine in Echtzeit und erkennen Abweichungen vom Soll-Zustand. So können Fehler bereits dann erkannt werden, bevor sie auftreten. Dadurch können Wartungs- und Reparaturarbeiten optimiert geplant werden und genau dann stattfinden, wenn sie die Fertigung nur wenig oder gar nicht beeinträchtigen.
Quellen:
https://www.plattform-i40.de/PI40/Navigation/DE/Industrie40/WasIndustrie40/was-ist-industrie-40.html