Was steckt eigentlich hinter Condition Monitoring?
Wenn Maschinen ausfallen, Roboter ihren Dienst versagen oder Anlagen einen Fehler aufweisen, sind hohe Kosten für die Instandsetzung und Reparatur eher die Regel als denn die Ausnahme. Die Stillstände und damit verbundenen Produktionsausfälle sind insbesondere dann ärgerlich, wenn der Grund in preiswerten Verschleißteilen liegt. Mit der Industrie 4.0 treten neue, digitale Systeme an, die den Zustand einer Maschine oder Anlage kontinuierlich überwachen und dabei helfen sollen, Ausfälle zu vermeiden.
Das Condition Monitoring, auf Deutsch die „Zustandsüberwachung", soll als grundlegende Maßnahme der Digitalisierung Instandhaltungsprozesse vereinfachen. Doch welche Möglichkeiten des Condition Monitorings gibt es aktuell überhaupt – und welche der Möglichkeiten, Maschinendaten zu sammeln und zu analysieren, passen zu Ihrem Produktionsbetrieb? Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie Sensorik, IoT und Big Data Maschinenausfälle verhindern können, bevor sie überhaupt entstehen.
Inhalte:
- Was bedeutet Condition Monitoring?
- Von der reaktiv-präventiven zur zustandsorientierten Instandhaltung
- Sensorik als Grundlage für das Condition Monitoring
- Condition Monitoring in der Produktion
- Von autarken Systemen zur durchgängigen Vernetzung
- Die grundlegenden Entscheidungen für den Einstieg in das Condition Monitoring
Was bedeutet Condition Monitoring eigentlich genau?
Das Condition Monitoring soll durch eine regelmäßige Erfassung von physikalischen Größen wie Temperatur, Schwingungen oder Lage den Zustand einer Maschine/Anlage überwachen. Das Ziel von Condition Monitoring ist es dabei, die Maschineneffizienz und die Sicherheit dauerhaft zu erhöhen.
Von der reaktiv-präventiven zur zustandsorientierten Instandhaltung
Die aktuelle Instandhaltung von Maschinen und Anlagen erfolgt entweder reaktiv oder präventiv. Bei der reaktiven Instandhaltung werden Verschleißteile genau dann ausgetauscht, wenn sie defekt sind oder Störungen im Betriebsablauf verursachen. Bei der präventiven Instandhaltung werden Maschinen und Anlagen in fest definierten Zeitabständen heruntergefahren und Bauteile/Baugruppen ausgetauscht, bevor sie das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben.
Beide Formen der Instandhaltung sind aktuell gleichermaßen alternativlos wie teuer. Denn während Maschinenstillstände durch defekte Teile schlecht planbar sind und damit Produktionsausfälle und Terminschwierigkeiten auslösen, werden bei einer präventiven Instandhaltung (auch) intakte Bauteile ausgetauscht und vorhandene Restlaufzeiten somit verschenkt.
Die zustandsorientierte Instandhaltung wird in naher Zukunft die herkömmlichen Konzepte ablösen. Durch präzise Sensoren und in Echtzeit analysierten Daten werden Maschinenparameter gemessen und dokumentiert, um einen Vergleich des Ist-Zustandes mit einem vorgegebenen Referenzwert zu ermöglichen. Durch diesen Vergleich sollen tief in den Maschinen und Anlagen versteckte Fehler möglichst früh erkannt werden – um Instandhaltungsmaßnahmen so zu planen, dass der Betriebsablauf so wenig wie möglich beeinträchtigt wird.
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Sensorik als Grundlage für das Condition Monitoring
Damit Maschinen oder Anlagen ihren Zustand überwachen und entsprechende Daten sammeln können, müssen entsprechende Sensoren verbaut sein. Aktuelle Maschinenmodelle werden seitens der Hersteller in den meisten Fällen bereits von Werk aus mit der entsprechenden Sensorik ausgestattet. Diese Sensoren sitzen beispielsweise an Antriebswellen, um die Übertragung von Drehmomenten über überwachen oder direkt an den Werkzeugträgern, um Schwingungsübertragungen aufzuzeichnen. Auch Temperaturen, Leistungsaufnahmen oder Durchflussraten werden durch Sensoren verfolgt – und Abweichungen vom Soll-Zustand per Alarm ausgegeben.
Ältere Maschinen lassen sich im Rahmen eines Retrofits nachrüsten. Viele innovative Hersteller von Werkzeugmaschinen beispielsweise bieten für alle aktuellen Maschinenmodelle unterschiedlichste Module - mit denen allerdings auch betagte Maschinen „digital aufgerüstet“ werden können.
Die Möglichkeiten des Condition Monitorings in der Produktion
Bereits in der „kleinsten“ Ausbaustufe durch Installation weniger Sensoren und entsprechender digitaler Schnittstellen bietet das Condition Monitoring handfeste Vorteile in der Produktion. So lassen sich durch Sensoren unter anderem…
☑ Verbrauchsspitzen beim Energiebedarf unterschiedlicher Maschinenkomponenten aufzeichnen
☑ Verwendete Werkzeuge und Programme sowie die Nutzungsfrequenz einer Maschine darstellen
☑ Den aktuellen Bedienmodus oder die Stellung eines Potentiometers aufzeichnen
☑ Schwingungen an Achsen, Wellen oder sonstigen kritischen Bereichen einer Maschine überwachen
☑ Drehmomente an Fräs- oder Drehspindeln überwachen
☑ Akustische Abweichungen aufzeichnen
☑ Verlust von Flüssigkeiten melden
☑ Nachlassende Pumpenleistungen erkennen
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Von autarken Systemen zur durchgängigen Vernetzung
Den aktuellen Condition Monitoring Systemen fehlt es fast vollständig an Schnittstellen zum ERP oder der Planung der Instandhaltung eines Unternehmens. Die an den Maschinen gewonnenen Daten werden derzeit hauptsächlich in einem eigenen digitalen Ökosystem bereitgestellt und ausgewertet. Dies ist durchaus nicht per se schlecht – für neue Konzepte der Instandhaltung sind autarke Systeme allerdings nicht geeignet. Folgt man den Aussagen eines großen Maschinenherstellers, produziert allein eine der aktuellen Werkzeugmaschinen rund ein Terabyte Daten – pro Stunde! Dieses enorme Datenvolumen birgt unzählige Möglichkeiten, die mit einer durchgängigen, unternehmensinternen Vernetzung erst ihr gesamtes Potential aufzeigen.
Stellen Sie sich vor, Ihre Maschinen könnten…
☑ Verschleiß frühzeitig erkennen und benötigte Austauschteile automatisch über das ERP System nachbestellen
☑ Das Verbrauchsende von Betriebsstoffen erkennen und Nachschub ohne menschlichen Eingriff nachbestellen
☑ Undichtigkeiten in Kreisläufen oder Abweichungen vom Soll-Zustand an Antrieben erkennen
☑ Zeitpunkte der nächsten Wartungsintervalle selbstständig überwachen und deren Durchführung terminieren
☑ Bewegungsabläufe der Werkzeugträger oder Bearbeitungsschritte rekonstruieren
☑ Mittels Videoüberwachung den Prozessstatus überwachen und die Bilder an mobile Endgeräte senden
Generell gilt: Je mehr Daten die Maschinen und Anlagen eines Betriebes sammeln und je feiner diese Daten ausgewertet und analysiert werden, desto eher lassen sich frühzeitig Muster erkennen, die auf Störungen, Fehler und Ausfälle hinweisen – und entsprechend früh kann reagiert werden.
Die grundlegenden Entscheidungen für den Einstieg in das Condition Monitoring
Eine digitale Komplettüberwachung des gesamten Maschinenparks 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche inklusive Anbindung an das unternehmenseigene ERP ist zweifelsfrei eine praktische Sache – allerdings ebenfalls kostenintensiv und nicht in allen Fällen notwendig. Folgende Entscheidungshilfen stellen einen guten Einstieg in die Instandhaltung der Zukunft dar – ohne gleich den vollständigen Umbau der Maschinen und IT-Infrastruktur zu erzwingen.
1) Festlegen des Überwachungsziels
Je feiner sie die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Schaden an Ihren Maschinen eintritt, evaluieren und in Relation zu dem daraus resultierenden Schadensausmaß setzen, desto genauer kennen Sie das Risiko. Wenn Ihre Anlagenverfügbarkeit bereits durch die Überwachung eines kritischen Bauteils hochgehalten werden kann, benötigen Sie weniger Sensoren als beim Monitoring der Getriebe, Antriebseinheiten, Spindellager oder Kühlkreisläufe. Hier lohnt sich das Monitoring aber, sofern Sie die vorausschauende Instandhaltung in ihrem Unternehmen etablieren wollen – und Kosteneinsparungen bei Ersatz- und Verschleißteilen ganz oben auf Ihrer Agenda stehen.
2) Standard-Lösung oder maßgeschneidertes Komplettpaket?
Sind die Ziele Ihres Condition Monitorings festgelegt, geht es an die Auswahl der geeigneten Systeme. Viele Anbieter bieten sowohl standardisierte Systeme mit umfangreichen Analyseoptionen und passender Software als auch maßgeschneiderte Gesamtlösungen als Start in die digitale Produktion der Zukunft. Beide Möglichkeiten bieten ganz eigene Vor- und Nachteile, die es vor der Anschaffung gegeneinander abzuwägen gilt.
3) Relevanz des Condition Monitorings
Die Implementierung eines komplexen, maßgefertigten Systems aus Hard- und Software, Sensorik und Netzwerktechnik kann unter Umständen aufwändig, zeitintensiv und teuer sein. Daher muss der Aufwand in Relation zum Nutzen gesetzt werden. Immer dann, wenn Wartung besonders teuer ist oder die Folgen von Maschinenausfällen besonders gravierend sind, lohnt sich der Einstieg in das automatisierte, vernetzte durch smarte Technologien unterstützte Condition Monitoring. Soll „nur“ die Maschinenverfügbarkeit hochgehalten und Kosten gesenkt werden, reichen in vielen Fällen standardisierte CM-Lösungen aus. Hier sind es vor allem Lösungen, die auf Modularität setzen. Dadurch kann der Leistungsumfang des CM ganz exakt auf den Bedarf im Unternehmen angepasst werden
Fazit
Das Überwachen von Maschinenzuständen durch Sensoren und passender Software kann Instandhaltungsprozesse optimieren, Maschinenausfälle minimieren und nicht zuletzt die Produktionsleistung erhöhen. Viele Maschinenhersteller bieten mittlerweile CM-Systeme als Teil des Zubehörkataloges von Werk aus an. Ältere Maschinen und Anlagen können durch Sensoren und entsprechenden Schnittstellen aufgerüstet werden.
Insbesondere die Instandhaltung profitiert von CM deutlich – denn wenn die Maschinen Schäden bereits dann melden, bevor sie entstehen, werden teure Stillstandzeiten reduziert. Bei der Implementation von CM-Systemen muss aber mit Augenmaß vorgegangen werden – denn nicht immer ist das maßgeschneiderte Rundum-Paket die optimale Lösung. Vielmals reicht bereits eine kleine Investition in die Zustandsüberwachung einzelner Komponenten, um die gewünschten Ziele zu erreichen.